Wie Guerilla Marketing entstanden ist
Der außergewöhnliche Begriff des Guerilla Marketings geht auf den US-amerikanischen Unternehmensberater Jay C. Levinson in den 1980er Jahren zurück. Er stellt eine Analogie zu den unorthodoxen Methoden her, die von Guerillakämpfern in militärischen Auseinandersetzungen benutzt werden, um einen personell, insbesondere jedoch materiell überlegenen Gegner zu attackieren. Mit geringem Aufwand soll basierend auf Unberechenbarkeit und Verblüffung ein relevanter Erfolg realisiert werden.
Anhand dieses Prinzips wurde eine Kampagnenstrategie für aufstrebende, aber vergleichsweise finanzschwache Unternehmen entwickelt, um große, marktdominierende Konkurrenten mit gigantischen Werbeetats angreifen und den Platzhirschen auf diese Weise Marktanteile abjagen zu können.
Guerilla Marketing wird inzwischen auch von vielen großen Unternehmen eingesetzt. Seine Attraktivität besteht darin, unter Einsatz von simplen, aber umwerfend originellen Ideen einen positiven Wow-Effekt zu erzeugen und sich dadurch in den Köpfen potenzieller oder bestehender Kunden festzusetzen.
Zauberwort Viralität
Das Zauberwort des Guerilla Marketings heißt Viralität. Durch die aufsehenerregende, zumeist sogar spektakuläre Art solcher Kampagnen wird erreicht, dass sich die damit verbundene Werbebotschaft quasi wie ein Virus von ganz allein verbreitet.
Früher war dies ausschließlich über Mund-zu-Mund-Propaganda möglich. Im Zeitalter des Internets vollzieht sich die Weitergabe, das Sharing, dagegen rasend schnell und praktisch grenzenlos: Fotos und Videos von der Inszenierung werden über Smartphones von Freund zu Freund gesendet, in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Twitter durch Follower geteilt und von großen Online-Portalen bzw. -medien in den eigenen Content aufgenommen.
Um diesen viralen Umlauf insbesondere über digitale Kanäle zu ermöglichen, sind einige Voraussetzungen zumindest hilfreich. Dazu gehört, dass es sich tatsächlich um eine einzigartige Werbeaktion mit einem hohen Unterhaltungswert handelt, die man einfach gesehen haben muss, ohne dass sie verstörende oder negative Assoziationen beim Betrachter verursacht. Außerdem muss eine medienübergreifende Verbreitung mit gängigen Dateiformaten möglich sein, damit Sharing praktisch zum Kinderspiel wird.
Dem Guerilla Marketing lassen sich verschiedene spezielle Formen zuordnen, je nachdem, in welchem Kontext der Überraschungseffekt zum Tragen kommen soll. Neben dem Konzept des viralen Marketing gehören dazu:
- Sensation Marketing: Mit einer spektakulären, unangekündigten bzw. spontan aussehenden Performance an einem öffentlichen, stark frequentierten Ort wird ein Ereignis inszeniert, das neben einer lokalen auch eine überregionale mediale Erregung erzeugt. Die vermeintliche Sensation kann dabei nur vorgetäuscht sein.
- Ambush Marketing: Es wird die mediale Hyperpräsenz eines Großereignisses, z. B. einer Fußball-WM, für außergewöhnliche Werbeaktionen genutzt, obwohl für dieses Event kein Engagement als Sponsor eingegangen wurde. Das Guerilla-Element kommt hierbei in Form eines Trittbrettfahrers, eines Parasiten zum Ausdruck.
- Ambient Marketing: Als Werbeträger werden gewöhnliche Gegenstände des alltäglichen Lebens oder Einrichtungen im öffentlichen Raum verwendet, die auf originelle und erfrischende, künstlerische Art umgestaltet werden, z. B. öffentliche Toiletten, S-Bahn-Wagen oder Parkbänke. Die Werbung wird dabei sogar als sympathisch und verschönernd empfunden.
Die Konzepte gehen mitunter ineinander über und lassen sich nicht strikt voneinander trennen. Sie sind jedoch allesamt unkonventionell und entfalten trotz eines geringen Ressourceneinsatzes eine große Wirkung.
Risiken von Guerilla Marketing
Der Einsatz von Guerilla Marketing ist nicht nur auf den ersten Blick sehr verlockend. Dennoch sind damit auch Risiken für das Unternehmen verbunden. Werden bewusst Provokationen zur Maximierung der Aufmerksamkeit eingesetzt, ist der Bogen schnell überspannt. Das erhoffte Prinzip der Viralität kann zum Albtraum werden, wenn sich Empörung oder Spott als Ergebnis der Kampagne manifestieren. Einen Imageschaden einer Marke zu reparieren kann eine langwierige und teure Angelegenheit werden. Zudem sind juristische Konsequenzen in Erwägung zu ziehen, da Guerilla-Kampagnen nicht selten an rechtliche Grenzen vordringen bzw. eine Vergeltungsaktion der Wettbewerber herausfordern.