Jan Knupper
Erst kam Künstliche Intelligenz, dann folgten die Begriffe Maschinelles Lernen und Deep Learning. Und jetzt kommt Cognitive Computing. Was ist dran an diesem neuen Konzept? Ist es nur ein neues Buzzword aus der IT-Szene, das sich gewinnbringend für Marketingzwecke einsetzen lässt? Oder verbirgt sich dahinter ein neuer Ansatz, der Maschinen das menschliche Denken einen weiteren Schritt näherbringt?
Können Maschinen denken? In gewisser Weise ja. Aber das ist eigentlich nichts Neues. Es kommt darauf an, wie man Denken definiert. Das Denken in Form von logischen Schlussfolgerungen lässt sich schon seit fast 80 Jahren mehr oder weniger gut elektronisch simulieren. Nicht ohne Grund bezeichnete Konrad Zuse seinen 1941 fertiggestellten Computer als ein „mechanisches Gehirn“.
Das menschliche Gehirn vollzieht aber mehr als nur logische Schlussfolgerungen auf einer abstrakten Ebene. Hier kommt Cognitive Computing ins Spiel. Cognitive Computing erhebt den Anspruch, dass Maschinen der Arbeitsweise des menschlichen Gehirns näherkommen.
Die Lösung liegt darin, Computern diese menschlichen Fähigkeiten anzutrainieren. Diese Kompetenz besteht nicht nur aus Denken in Form von logischen Schlussfolgerungen, sondern auch aus dem Wahrnehmen und eigenständigen Erkennen von Zusammenhängen. Aber ist genau dies nicht Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen in Reinkultur? Ja, aber Cognitive Computing erhebt den Anspruch, noch einen Schritt weiterzugehen.
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Täglich werden Milliarden von Gigabytes an Daten generiert und ins Netz gestellt. Gleichzeitig müssen immer komplexere Entscheidungen getroffen werden, die möglichst viele relevante Aspekte berücksichtigen. Hierfür werden Systeme benötigt, die eine Unmenge an Daten strukturieren, filtern und für die jeweiligen Zwecke nutzbar machen. Es ist klar, dass hierfür menschliche Fähigkeiten allein nicht ausreichen. Auch klassische Computerprogramme stoßen hier an ihre Grenzen.
Cognitive Computing setzt bei dem Problem an, dass 80 Prozent der weltweiten Daten unstrukturiert sind. Der neue Ansatz verwendet das Erkennen von Mustern sowie Maschinelles Lernen, um Strukturen herzustellen. Dabei geht Cognitive Computing noch über Machine Learning und Künstliche Intelligenz hinaus, indem es die Kommunikation zwischen verschiedenen Systemen, die auf Künstlicher Intelligenz beruhen, und die Kommunikation von Menschen mit diesen Systemen optimiert.
In der Praxis sieht Cognitive Computing zum Beispiel wie folgt aus:
So kann ein Arzt oder Chirurg durch einfache Anweisungen sofort relevante Informationen erhalten, die ihm die Entscheidung für eine bestimmte Therapie erleichtern. Voraussetzung dafür ist, dass diese interaktive Kommunikation in Echtzeit verläuft und letztlich (aufgrund des Prinzips des Maschinellen Lernens) immer ergebnisoffen ist. Das setzt auch voraus, dass kognitive Systeme anpassungsfähig sind und erkennen, dass Informationen nicht immer eindeutig sind und einem ständigen Wandel unterliegen.
Angesichts der Überschneidungen der Begriffe Künstliche Intelligenz, Maschinelles Lernen und Cognitive Computing drängt sich natürlich der Verdacht auf, dass Cognitive Computing nicht mehr ist als ein neues Buzzword für Marketing-Zwecke. Wenn Künstliche Intelligenz nicht mehr aktuell genug erscheint, wird sie als Cognitive Computing verkauft. Ist Cognitive Computing wirklich etwas Neues?
Der Begriff ist tatsächlich in der IT-Szene umstritten. Gartner-Analyst Tom Austin hält es für „Marketing-Quatsch“ – allein schon aus dem Grund, dass Maschinen nicht denken können. Doch das behaupten auch die Befürworter dieses neuen Begriffs nicht. Sie stellen den Begriff Cognitive Computing aber in einen komplexeren Zusammenhang:
Cognitive Computing ist demnach also nicht nur Wahrnehmung und motorische Kontrolle, sondern ein annähernd kognitives Verhalten – wie es im menschlichen Gehirn abläuft. Diese Annäherung kommt vor allem durch die Optimierung der Kommunikation zwischen Mensch und Maschine zustande. Cognitive Computing ist Erkennen, Verstehen, Begründen und Schlussfolgern auf einem höheren Level.
Ob Cognitive Computing mehr ist als nur ein Buzzword aus dem Bereich der Künstlichen Intelligenz, wird erst die Zukunft zeigen. Die Ansprüche, die hinter diesem neuen Begriff stehen, sind jedenfalls ambitioniert:
Schon die Differenzierung zwischen Künstlicher Intelligenz, Maschinellem Lernen und Deep Learning ist nicht immer leicht. Aber vielleicht steckt in dem Begriff des Cognitive Computings das Potenzial, diese Aspekte des modernen Programmierens zusammenzufassen: Die zielgerichtete Nutzung verschiedener Systeme mit dem Nebeneffekt, dass die Kommunikation zwischen Mensch und Maschine einfacher und effizienter wird.
Jan Knupper