Jan Knupper
Die Erfindung der Dampfmaschine löste revolutionäre gesellschaftliche Änderungen aus. Maschinen ersetzten körperliche Arbeit. Sie produzierten billiger, schneller und effektiver. Am Ende profitierten alle davon – durch mehr Wohlstand. Eine ähnliche Entwicklung zeichnet sich heute ab: Künstliche Intelligenz ersetzt in vielen Bereichen Prozesse, die menschliches Denken bedingen. Werden wir ebenfalls alle davon profitieren?
Was kann Künstliche Intelligenz? Im Prinzip können KI-Systeme alle Prozesse übernehmen, die menschliches Denken voraussetzen. Denn genau das ist die Idee, die hinter KI steht: das menschliche Denken weitgehend zu imitieren. Doch bringen diese Fähigkeiten der neuen Art des Programmierens auch Vorteile für alle?
Die ersten Erfolge sind beeindruckend: KI schafft neue Geschäftsmodelle und bringt damit die Wirtschaft voran. Sie ermöglicht beispielsweise innovative Lösungen für den E-Commerce oder hilft beim Senken der Treibhausemissionen durch intelligent gesteuerte Verkehrsströme. Das Prinzip, das dahinter steht, überzeugt: KI setzt menschliche Ressourcen frei, indem Maschinen repetitive Kommunikations- und Gestaltungsprozesse übernehmen.
Diese Liste lässt sich beliebig lang fortsetzen. Doch schon heute ist deutlich, dass die wirtschaftliche Entwicklung von Künstlicher Intelligenz profitiert. Unternehmen, die den Anschluss an die KI verpassen, haben keine Zukunft.
Ein besonderer Aspekt des gesellschaftlichen Nutzens von Künstlicher Intelligenz wird im Gesundheitswesen deutlich. KI macht schnellere und sichere Diagnosen möglich. Sie kann im Prinzip alle standardisierbaren Prozesse übernehmen – Prozesse, mit denen sich heute noch hochgebildete medizinische Spezialisten befassen müssen. So wird maschinelles Lernen für den effizienten Einsatz von Expertenwissen eingesetzt.
Dazu kommt der Einsatz von Big Data. Eine immer größere Menge von Daten über spezifische Krankheitsverläufe könnte die Diagnostik deutlich verbessern – und den Weg von standardisierten zu weitgehend individualisierten Therapieformen ebnen.
Dass hierfür auch datenschutzrechtliche Aspekte beachtet werden müssen, steht auf einem anderen Blatt. Die medizinischen Erfolge werden aber über kurz oder lang rechtliche Bedenken in den Hintergrund rücken. Und auch für eine verbesserte Wahrung des Datenschutzes ist der Einsatz von KI-Systemen möglich.
Die Frage nach dem gesellschaftlichen Nutzen der Künstlichen Intelligenz berührt natürlich auch langfristige Zukunftsfragen. Wenn es um die Zukunft der Menschheit geht, ist vor allem die Rede von ökologischen Grundlagen. Lässt sich der Klimawandel noch stoppen, ohne dass die Gesellschaft empfindliche Wohlstandseinbußen hinnehmen muss? Auch hier gibt es beeindruckende erste Entwicklungen:
So wird KI zu einem maßgeblichen Faktor für die Energiewende und den schonenden Umgang mit begrenzten Ressourcen. Künstliche Intelligenz und Umwelt ist also kein Widerspruch. Wenn die Digitalisierung immer mehr Bereiche des Lebens erfasst, sorgt maschinelles Lernen gleichzeitig dafür, die dafür erforderliche Energie umweltfreundlich und effizient zu erzeugen.
Nützt Künstliche Intelligenz der Allgemeinheit? Ein Blick in die Geschichte deckt Parallelen auf. In der Entwicklung der menschlichen Gesellschaft gab es Fortschritte und Rückschritte. Oft waren technische Erfindungen die Auslöser für gesellschaftliche Umbrüche.
Und die digitale Revolution, die bereits am Ende des 20. Jahrhunderts einsetzte, verändert heute schon immer mehr Lebensbereiche:
An diesem letzten Punkt wird sich die Zukunft der Künstlichen Intelligenz entscheiden: Inwieweit akzeptiert es die Gesellschaft, Entscheidungen von Algorithmen treffen zu lassen? Die Lösung dafür liegt auf der Hand: Jeder Algorithmus ist nur so gut wie die Prinzipien, die hinter seiner Programmierung stehen. Ein Messer kann zum Töten eines Menschen eingesetzt werden, es macht dem Menschen aber auch erst möglich, sein Brot zu schneiden.
Letzten Endes wird nicht die Frage „KI oder Mensch?“ entschieden. Vielmehr wird die Wahl der ethischen Fundamente für KI-Algorithmen zum Schlüsselfaktor. Aber dass KI kommen wird, steht fest.
Künstliche Intelligenz ist die Dampfmaschine des 21. Jahrhunderts. Sie wird als Triebwerk für die Fortentwicklung der Gesellschaft dienen. Schon heute zeichnen sich ihre positiven Auswirkungen ab: erhöhte Produktivität, Effizienzgewinne durch Automatisierung und vor allem mehr Freiräume für Innovation und Kreativität. Aber wohin die Reise letztlich geht, wissen wir heute noch nicht – genauso wenig, wie sich die Menschen um 1800 Eisenbahnen, Flugzeuge, Grammofon und elektrisches Licht vorstellen konnten. Es liegt an uns allen, die Chancen der Künstlichen Intelligenz zu nutzen – zum Wohle der Gesellschaft.
Jan Knupper